Dein Leben ist ein Ponyhof - Abfucktage und wie ich mich motiviere weiterzumachen, wenn es mal nicht so gut läuft.
Das Leben auf einem Resthof ist - lass es mich in diesem Beitrag etwas unverblühmter ausschreiben - schon ziemlich geil. Du gehst morgens in T-Shirt und Schlüpper den Hühnerstall aufmachen, brauchst dich nicht erst anziehen, um dann eine erste Runde mit dem Hund zu drehen, denn sie flanieren ja schon mit dir, deinem Schlüpper und T-Shirt zu den Ponys über den Hof. "Guten Morgen Welt, wir sind wach und bereit für diesen Tag!" Klingt doch wundervoll, sagst du. Ja, absolut! Wenn die Sonne scheint, die Vögel zwitschern, dann ist der ganze Müll, Dreck und das Chaos auf dieser Großbaustelle gar nicht so schlimm. Deine Liebsten sind bei dir, alles ist schick.
Und da ist noch ein besonderer Vorzug eines Großsanierungsprojektes, besonders für uns Hausfrauen: Zugegeben, es ist schon recht entspannt, wenn du dir das Sauber machen im Haus sparen und auf die Baustelle schieben kannst. Besuch kann kommen, ohne, dass du erst groß Reine machst. Lass es einfach so wie es ist. Jeder weiß, dass er besser in Blaumann als in weißen Turnschuhen zu uns kommt. Im Winter am besten mit Gummistiefeln, wenn es zu den Pferden geht. Ich muss sagen, das ist recht entspannt und wenn wir alle einmal ehrlich zu uns sind, bei jedem von uns fliegt im Alltag mehr Zeugs durch die Bude, als wir nach Außen hin zeigen würden. Das nennt man Leben. Wir leben also hier, momentan mit mehr Dreck und einem Hof mit wesentlich mehr Beikrautvielfalt als in einem normalen Haushalt, aber was ist schon normal? Für uns normal ist ein nicht akurat gemähter Rasen, wild wachsende Blumenwiesen und Hühner, die auch mal auf die Gartencouch schieten. Gut verteilt liegen Baumaterial und Schutt. So sieht es eben aus, wenn du einen Resthof sanieren willst. Man muss das wollen - und wir wollen es.
Doch es gibt auch diese Tage, da willst du es auch mal wieder "schön und sauber" haben, besonders im Haus. Es gibt Tage, da willst du in ein Badezimmer gehen und nicht auf eine offene Decke schauen. Es gibt Tage, da möchtest du nicht abäppeln, den Zaun reparieren oder frei mähen, die Kreissäge routieren hören oder Sch... aus dem Abwasserschacht schaufeln, weil das Rohr mal wieder verstopft ist. Du möchtest keine Überraschungsbaumängel mehr sehen. Du hast einfach mal kein Bock auf den Alltag mit "irgendwas ist ja immer." Du möchtest stattdessen ganz einfach nur mal normal aufs Klo gehen und nicht erst eine halbe Weltreise bis dorthin unternehmen.
Aber du hast dir das doch so ausgesucht? Ja, natürlich und dennoch kann es mir mal zu viel werden.
Wenn du selbst in einem stark sanierungsbedürftigen Haus lebst, dann weißt du genau, wovon ich heute erzähle: von den Abfucktagen. Jenen Tagen, in denen du einfach alles anzünden möchtest, weil du es nicht mehr sehen kannst. Deine Familie natürlich ausgenommen. Für euch dort draußen, die das so nicht kennen, auch ihr habt sicher etwas im Leben, dass ihr liebt und dennoch wird es euch manchmal zu viel. Ich glaube, dass gerade Eltern mit Kindern diese Abfuckmomente sehr genau kennen ;-) Und dennoch liebt ihr eure Kinder, oder?
Was ich dann mache? Ich lasse es erst einmal da sein. Ich muss meinem Frust Raum geben, meine Hunde nehmen und in den Wald fahren. Wenn es geht, auch einfach mal ein paar Tage weg von allem. Nur, weil es dich gerade nervt, war es keine Fehlentscheidung sich so ein großes Projekt (wir reden hier von 260qm Wohnfläche und 3,8ha Grundstück mit 60m Scheune mit gerade noch zu erahnender Glanzzeit) an die Hacken zu binden. Schließlich sind wir immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Eine ganz wichtige Frage, die ich mir übrigens bei großen und kleinen Krisen stelle, ist: Was ist gut daran? Eine gute Frage, die ein weiser Mensch in einem Buch aufgeschrieben hat ("199 Fragen an dich selbst" von "Curse"). In allem steckt etwas Gutes, denn das Leben arbeitet immer für dich, auch wenn das manchmal schwer zu glauben ist. Nichts auf dieser Welt geschieht ohne Sinn. Große Worte, um sich die Welt wieder schön zu reden? Nein. Die Welt ist schön. Punkt. Manchmal fuckt uns der Ponyhof einfach nur mal ab. Unser Leben lieben wir doch aber trotzdem, oder?
Dankbarkeit ist auch etwas, das mir immer wieder hilft, zurück zu mir und meinem Fokus zu finden. Ich atme. Ich kann laufen. Ich kann sehen usw. Ich habe immer etwas zu Essen und ich habe eine Dusche, die immerhin warm wird! Ich habe das große Glück mit meinen Tieren zu leben, wie ich es will. Ich habe einen Mann, der das mit all seiner Kraft unterstützt. Dankbarkeit versetzt dich in eine sehr hohe Schwingung, in der Abfuck einfach keine Chance hat.
Frage dich, was ist die wahre Essenz dessen, was du wirklich möchtest und was davon hast du schon geschafft? Schau dir an, was du schon alles erreicht hast, was alles schon bei dir ist. Und wenn es dir nicht mehr gefällt, dann sei dir trotzdem darüber im Klaren, dass du es warst, die das erschaffen hat. Du kannst alles schaffen, was du für realistisch hälst. Wenn dir also etwas wirklich nicht mehr gefällt, dann sei so mutig und verändere es! Oder wie mein Mann sagen würde: Dann kneif jetzt mal die Arschbacken zusammen und leg los! Tu es, so gut wie du kannst.
Abfucktage sind okay. Du bist okay. Such dir ein Ventil, bei dem du dich entspannen kannst. Für mich ist das, wie gesagt, manchmal schon der Gang in den Wald. Die Luft, das Rascheln der Bäume, Lichteinfälle auf den Waldboden, der Blick in den Himmel. Und erst, wenn ich mich wieder etwas klarer fühle, denke ich darüber nach, wie gut es mir eigentlich geht, werde dankbar, lasse meine Emotionen fließen und richte die Krone wieder....
Ich wünsche dir happy Abfucktage, denn sie bringen uns weiter zu dem, was uns wirklich wichtig ist!
Deine Yvonne


